Jens Lederhausen







Für einen Augenblick blieb die Erde vor 20ig Jahren stehen und ein zarter Sonnenstrahl tastete sich sacht durch die Wolkendecke. Er war klein, aber er leuchtete in das Leben derer, die er traf. Er wurde behütet und bekam in den Jahren Kraft, … aber wir ahnten nicht, dass er keine Zeit bekommen würde, noch heller zu werden … wir können es nicht begreifen! Wir haben so viele Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Eines möchten wir dir aber sagen: Danke, dass du bei uns warst. Dein Licht wird immer in uns weiterleuchten.


Liebe Mutter Christine und lieber Vater Jürgen!
Liebe Oma Maria!
Liebe Geschwister Kerstin, Uwe, Beate und Heike mit ihren Familien!
Liebe Freundin Anja!
Sehr geehrte Verwandte, Freunde von Jens und Bekannte!
Werte Trauergäste!


Ein einziger Augenblick genügt – und mit einem Schlag hat die bisher so wunderbare Welt ihre Farben verloren. Nichts ist mehr wie vorher. Die Sterne glitzern zwar in der Nacht, als wäre Jens noch an Ihrer Seite, aber sie sind Ihnen so furchtbar fremd geworden. Die Sonne steht am Himmel, als wäre nichts geschehen, sie scheint noch genau so hell – aber unter ihren Strahlen frieren Sie…. Man kann und will es nicht fassen…. Man kann nicht mehr essen, man kann nicht mehr schlafen… ach könnte man doch einfach nur die Augen schließen und versinken in einen Traum, der die bittere Realität Lügen straft. Ach könnte man einfach nur die Augen schließen und versinken in einen Traum, der einen frohe Stunden voller Glück zurückbringt. Ach könnte man doch einfach nur die Augen schließen …aber dann ist alles wieder da, man fühlt sich leer und verbraucht, alles verschwimmt ins bedeutungslose Nichts. Alles ist anders ohne ihn…die Wohnung, die Straße, die Menschen. Eine Welt brach zusammen, alles verliert seinen Sinn. Ein Gefüge kommt ins Wanken, man verliert sein Gleichgewicht, es dreht sich alles, man fällt und fällt. Man ist selbst wie gestorben. Man träumt Tag und Nacht, dass er noch lebt. Wo man geht und steht, spürt man ihn, hört seine Stimme, und glaubt, gleich müsste er eintreten. Tränen rollen übers Gesicht- immer und - immer wieder. Und nun stand es in der Zeitung, auf dem Standesamt ist es eingetragen, im Familienstammbuch ist es vermerkt. Und der Arzt hatte es auch bescheinigt „gestorben“… Wir alle haben unser Geschick so wenig selbst in der Hand. Der Verlauf des Lebens ist abhängig von so vielen Unbekanntem, von Fähigkeiten und Talenten, von erfüllten und unerfüllten Hoffnungen, von Krankheit und von Unglücksfällen - und gerade diesen letzten Faktor unterschätzen wir alle, wenn wir mit vielen Träumen und festen Vorstellungen unser Leben gestalten. Und alles ging so schnell, dass es einem vorkommt wie ein schlimmer Traum, der mit dem Aufwachen verschwindet. Tatsächlich sind sie jäh aufgewacht, aufgeschreckt. Was sie gerne für einen Alptraum hielten, ist bittere Wirklichkeit. Und heute- heute heißt es Abschied zu nehmen, Abschied zu nehmen für immer. Abschied zu nehmen, von dir lieber Jens-Stefan. Dabei ist es noch nicht allzu lange her, dass man dich, der eigentlich immer nur Jens gerufen wurde, sehnsüchtig erwartete. Dein Kommen am 7.Februar 1985 veränderte vieles, machte das späte Glück deiner Eltern perfekt. Sie haben dich erwartet und erlebten mit, als du anfingst die Welt zu erforschen. Als Nesthäkchen der Familie bist du mit deinen fast gleichaltrigen Neffen Christian, Robin und Marcel uns deiner kleinen Nichte Sahra groß geworden, die Kinder deiner Geschwister Kerstin, Uwe, Beate und Heike. Stolz waren Mutti und Papa dann, als du anfingst endlich deine ersten Schritte zu machen und wie dein Mund versuchte, die ersten Worte zu formen. Sie nahmen Anteil, als der erste Zahn hervorschimmerte oder du mit dem ersten aufgeschlagenen Knie nach Hause kamst und spendeten Trost bei großem Kinderkummer, der dicke Tränen ins Gesicht rollen ließ. Ein Stückchen gewachsen bist du wohl an dem Tag als deine Füßchen dich zum ersten Mal, zusammen mit Freund Rene, in den Kindergarten trugen. Ihr gehörtet nun nicht mehr zu den ganz kleinen, zu den Krippenkindern. Die Kindergartenzeit verging. Und am ersten Schultag, stolz den Ranzen auf dem Rücken und die Zuckertüte auf dem Arm, gingst du einem neuen Lebensabschnitt entgegen. Du hast dir sicherlich viel für das neue und Langersehnte nicht mehr Kindergartensein vorgenommen. Aber das Lernen zeigte sich von so unterschiedlichen Seiten und war gar nicht mit dem Spielen im Kindergarten zu vergleichen, aber es machte dir Spaß und fiel die in den Jahren nie schwer. Und weitere Freunde fürs Leben hast du hier auch gefunden: Maik, Mario, Stefan und Rene, mit ihnen fandest du heraus, dass es noch mehr gab als nur die Schule. Dabei stand der Computer oft im Mittelpunkt, etwas, was dich in all den Jahren immer faszinierte. Auch gab es eine Zeit, da ranntest du wie viele in deinem Alter dem runden Leder hinterher oder es stand die Frage, wer ist der schnellste mit dem Fahrrad. Auch machtest du dir damals schon Gedanken, was du einmal werden könntest und bei einem Info-Gespräch, noch in der Grundschule, suchtest du in dem zur Verfügung stehenden Programm deinen Traumberuf. Bei der Suche daraufhin angesprochen, erzähltest du der Verantwortlichen, dass es deinen Beruf in ihrem Programm nicht gäbe. Du wolltest damals Bundeskanzler werden. Das Leben von Jens und den Freunden war bunt und farbenfroh und so langsam entwuchsen sie den Kinderschuhen und auf diesem Weg erlebte er die Jugendweihe. Die Jugendweihe, ein besonderer Höhepunkt eines Jugendlichen… wird man doch, neben vielen kleinen Geschenken, in die Reihen der Erwachsenen aufgenommen. Aber mit dem Erwachsenwerden, das ist so eine Sache, das passiert nicht von heute auf morgen, sondern das ist ein langer Prozess. Die Kinderstreiche wurden jetzt weniger. Man traf sich jetzt, spielte Computer, schaute sich Videos an und hörte Musik. Musik, die für ihre Generation typisch ist, „Hip Hob“ und „Black“.

Es nahte die Zeit, wo der Ernst des Lebens begann, denn mit Beendigung der Schule muss man sich entscheiden, auf welchen Weg man weitergehen will. Und bei diesem Ziel vor Augen, galt es im Endspurt in der Schule noch einmal alles aus sich herauszuholen, so auch in Kunst, bei der Musical Aufführung „Josef“. Lieber war es Jens da schon, als er bei seinem Vater, Älteren und Behinderten das 1x1 des Computers nahe bringen konnte. Die letzten Schulferien nahten. Und Jens wusste bald, nachdem er unzählige Bewerbungen verschickt hatte, dass er als Drucker nicht ganz seinem Traumberuf, alles rund um den Computer, zum Einsatz kommen wird. Aber manchmal kommt es anders als man denkt, denn die Erfurter Verkehrsbetriebe hatten ihm, nach einer ersten Absage, doch noch die Ausbildung zum Industrieelektroniker in ihren Betrieb angeboten. Die letzten Ferien, mit einem guten Zeugnis in der Tasche und stolzer Besitzer eines Kleinkraftrades der Marke Honda Shopper, vergingen wie im Flug. Und bald nahte der Tag, als er zum ersten Mal den Weg in die Erfurter Verkehrsbetriebe antrat, einen Weg, auf dem er mit der Zeit die Kinderschuhe auszog und langsam zum jungen Mann wurde. Eine Zeit, in der man große Wünsche und Träume hat, eine Zeit mit Schmetterlingen im Bauch, auch wenn man Jens in der Abschlusszeitung der 10. Klasse noch mitgeteilt hatte, dass es neben Computer auch noch Mädchen gäbe. 3½ Jahre lernte er das Handwerk des Industrieelektronikers, was bedeutet, dass er in seinem Ausbildungsbetrieb an die Elektronik von Bussen, Bahnen, Automaten und vieles mehr herangeführt wurde. Wenn er dann nach Hause kam, wurde er neuerdings zu Hause von zwei neuen Mitbewohnern begrüßt, Rambo und Lucky – zwei Katzen, die er mit der Mutter aus dem Tierheim geholt hatte. Seine Freizeit verbrachte er zum größten Teil wie immer mit den Freunden. Mal Gokart fahren, Bowling, Kino, zur Disco ins „FUN“ oder ins „SPOT“. Bald nahte sein 18ter Geburtstag. Und der größte Wunsch, die Fahrerlaubnis und natürlich ein Auto und manches geht im Leben auch in Erfüllung. Jens wurde stolzer Besitzer des gelben VW von seinem Bruder Uwe, natürlich mit den nötigen Bassrollen im Kofferraum. Und ein eigenes Reich bekam er auch: ein Garten in der Saline, gleich neben dem der Eltern. Natürlich musste hier noch viel getan werden, bis er es beziehen konnte, aber die Männer der Großfamilie Lederhausen packten alle mit an. Ein kleines Schmuckstück ist es geworden mit Teich und einem Swimmingpool, wo man sich gerne traf. Jens war ein guter Gastgeber, aber nicht nur für die Freunde, auch für seine Familie und die legendären LAN-Partys mit den Neffen und dem Bruder über mehrere Tage wurden besonders vom Vater Jürgen unterstützt, der nicht nur für die Versorgung verantwortlich war, sondern am Ende auch die Stromrechnung beglich. Wenn man sich dem Garten näherte, war Musik oft zu vernehmen. Jens legte gerne einmal auf. Neben der nötigen Technik hatte er auch unzählige Platten und CDs um sich herum. Er tat aber nicht nur etwas für die Seele, auch seinen Körper trainierte er. So hing ein Boxsack in seinem Reich und auch ein Hometrainer stand nicht nur in der Ecke und der Besuch eines Fitness-Studios stand auch auf dem Programm. Seit Anfang dieses Jahres konnte man an Jens Seite ein Mädchen sehen. Er kannte Anja schon lange, schon seit der Schulzeit. Sie ging damals in die Parallelklasse, aber nun waren sie sich näher gekommen. Und da waren sie wieder, die Schmetterlinge im Bauch, das Träumen und die schlaflosen Nächte. Ende Januar hielt er dann stolz seinen Facharbeiterbrief in der Hand aber gleichzeitig musste er sich in das Heer der Arbeitslosen einreihen, sein Betrieb konnte ihn nicht übernehmen. Bald darauf wurde in der Familie zum 100dersten eingeladen. Im Kaffee „Ole`“ am Wiesenhügel wurden Oma Mariechens 80zigster und Jens 20zigster Geburtstag gefeiert. Der Winter in diesem Jahr war besonders hartnäckig, aber dann konnte man doch den Frühling erwachen sehen. Anfang März hatte Jens über eine Zeitarbeitsfirma bei München in eine, Automobilzulieferungsbetrieb eine Arbeit als Anlagenfahrer angenommen, aber immer mit der Option, weiterhin in Thüringen nach etwas Passendem zu suchen. Nicht, dass es ihm Probleme bereitet hätte, sich dort einzuarbeiten. Es fiel ihm nie schwer, Kontakt zu finden, er war immer freundlich, hilfsbereit und somit sehr beliebt. Aber zu Hause wartete seine Anja, die Eltern waren hier und seine Freunde. Die Osterfeiertage gingen viel zu schnell vorüber. Er hatte sich auch was Besonderes für Anjas Osterei ausgedacht. Ein Ring aus Stahl, den er selbst gefertigt hatte. Aber nun fuhr er, wie oft jeden Sonntag wieder Richtung München. Und dann … es klingelt an der Tür … man macht sie auf … und plötzlich verliert die bisher so wunderbare Welt ihre Farben …. Man kann und will es nicht fassen …. Warum, warum gerade er, warum unser Jens …. Fragen über Fragen … und keine Antworten ….